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Russlands Herausforderungen im LNG-Sektor (II): EU-Widerstand gegen russische Exporteure

Mehrere Länder der EU planen offenbar, den europäischen Flüssiggasimport aus Russland auf Dauer ernsthaft zu behindern, ohne dabei neue Sanktionen einzuführen. Um die russischen LNG-Lieferungen zu stoppen, soll den Russen der Zugang zu LNG-Terminals in Europa quasi blockiert werden. Die Aussichten für ein solches Unterfangen sind angesichts der kommenden Wintersaison jedoch trübe.
Russlands Herausforderungen im LNG-Sektor (II): EU-Widerstand gegen russische ExporteureQuelle: www.globallookpress.com © Cfoto / Keystone Press Agency

Eine Analyse von Alexander Männer

Um den Verlust der bis in jüngster Vergangenheit noch sehr umfangreichen Gaslieferungen nach Europa zu kompensieren, versucht Russland seine Produktion von Flüssigerdgas (LNG) und folglich auch den Export dieses Energieträgers mittel- bis langfristig erheblich zu steigern. Dabei gilt es für Moskau nicht nur die dafür notwendige Technologie und Infrastruktur zu gewährleisten, sondern sich auch auf möglichen Widerstand seitens der Europäischen Union vorzubereiten, deren Mitglieder unlängst ein Verbot von russischem LNG-Lieferungen in Betracht ziehen.

Interessanterweise ist das russische Flüssiggas von den Sanktionen ausgenommen, weshalb Russland beim LNG-Export nach Europa trotz der Spannungen mit der EU bemerkenswerte Erfolge verzeichnet: Im Februar etwa haben die russischen Lieferungen in die EU-Länder 1,4 Millionen Tonnen beziehungsweise zwei Milliarden Kubikmeter Gas betragen – das ist ein Rekordvolumen.

Damit konnte Russland seine Position auf dem europäischen LNG-Markt erneut verbessern, nachdem es schon im vergangenen Jahr zum zweitgrößten LNG-Lieferanten für die EU avanciert war. Offiziellen Angaben zufolge ist der LNG-Export nach Europa 2022 um etwa 20 Prozent auf 17 Millionen Tonnen beziehungsweise 23 Milliarden Kubikmeter Gas angestiegen.

Nun wollen mehrere EU-Länder die russischen LNG-Lieferungen auf Dauer quasi blockieren. Wie die Nachrichtenagentur Reuters dazu vor einigen Wochen berichtete, sollen Finnland, Polen, Estland, Lettland und Litauen an einem Mechanismus arbeiten, mit dem die EU die Einfuhr von Flüssiggas aus Russland – ohne die Einführung von weiteren Sanktionen – blockieren könnte. Eine entsprechende Verordnung würde die Regierungen der EU-Mitglieder dazu ermächtigen, den russischen LNG-Importeuren die Vorausbuchung der europäischen LNG-Infrastruktur einschließlich der Terminalkapazitäten vorübergehend zu verbieten. Dies müsste jedoch noch mit den anderen EU-Ländern sowie mit der EU-Kommission abgestimmt werden, heißt es.

Laut der EU-Energiekommissarin Kadri Simson, die zuvor schon den Stopp der russischen LNG-Lieferungen gefordert hatte, ist es wichtig, die Initiative zu unterstützen, da Russland nicht wieder zum Hauptgaslieferanten der Staatengemeinschaft werden darf. "Die Möglichkeit für die Mitgliedsstaaten, die Kapazitäten für Gas, einschließlich LNG, aus Russland und Weißrussland vorübergehend zu beschränken, ist eine wichtige Ergänzung. Wir müssen unsere Versorgungssicherheit schützen", so die Politikerin.

In der vergangenen Woche meldete sich die spanische Energieministerin, Teresa Ribera, in dieser Angelegenheit zu Wort und erklärte gegenüber Reuters, dass die EU-Länder "eher früher als später" zustimmen würden, den Import von Flüssiggas aus Russland zu verbieten.

Aspekte des russisch-europäischen LNG-Handels

So weit, so schlecht. Dennoch sind in Bezug auf den LNG-Handel zwischen Russland und Europa mehrere Aspekte zu beachten, die die Annahme der besagten Verordnung durch die EU sichtlich erschweren können. Erstens wird die Blockierung von russischen Lieferungen vor allem durch Polen und den drei baltischen EU-Staaten forciert, obwohl diese eigentlich kein russisches LNG importieren. Daher dürfte ihre Position nach Ansicht von zahlreichen Experten bei dieser Frage nicht von entscheidender Bedeutung sein. Wichtig ist hingegen in erster Linie das, was die Importländer zu ihrem Vorstoß sagen.

Zweitens bestehen zwischen Russland und einigen EU-Ländern langfristige Lieferverträge. Spanien etwa, das seine Importe aus Russland seit dem vergangenen Jahr um mehr als 80 Prozent erhöht haben soll, hat einen Vertrag, der auf mehr als 20 Jahre angelegt ist und jährliche Einfuhren von 2,5 Millionen Tonnen LNG vorsieht. Auch Frankreich, das an russischen LNG-Projekten beteiligt ist, soll jährlich knapp vier Millionen Tonnen Flüssiggas aus Russland beziehen.

Drittens kommt in Europa schon bald die Vorbereitung auf die nächste Wintersaison, die aufgrund fehlender russischer Gaslieferungen deutlich schwieriger werden könnte als noch vor einem Jahr. Und weil auch das LNG-Angebot auf den Märkten begrenzt ist, wird es offensichtlich nicht einfach werden, russisches Flüssiggas zu ersetzen.

Zu guter Letzt darf man nicht vergessen, dass Maßnahmen zur Begrenzung der LNG-Lieferungen aus Russland sich mit hoher Wahrscheinlichkeit negativ auf den europäischen Energiemarkt auswirken und höchstwahrscheinlich erneut zu einem Anstieg der Energiepreise in Europa führen werden. Denn die bisherige Energiekrise hat deutlich gezeigt, dass jegliche Beschränkungen im Gassektor unter den heutigen Bedingungen zu massiven Preiserhöhungen führen können.

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