Meinung

Deutschland am Boden: Nach Corona und Sanktionen trifft die Bankenkrise das Land hart

Die Bankenkrise schwappt auf die EU über ‒ wenige Stunden nachdem Bundeskanzler Scholz versichert hat, das würde nicht passieren. Die Krise trifft auf eine schon geschwächte Wirtschaft. Russland ist dank Sanktionen vor den Auswirkungen der Finanzkrise fürs Erste gut geschützt.
Deutschland am Boden: Nach Corona und Sanktionen trifft die Bankenkrise das Land hartQuelle: www.globallookpress.com

Von Gert Ewen Ungar

Es fällt zugegebenermaßen schwer, nicht in Häme zu verfallen angesichts der aktuellen Geschehnisse an den Finanzmärkten. Man hatte das Ziel, Russland maximal zu schaden und seine Wirtschaft zu zerstören. Jetzt wirken die Sanktionen und die damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung der Inflation in einer Weise auf die Wirtschaft westlicher Länder zurück, die sie in eine tiefe Wirtschaftskrise stürzen. Deutschland wird es dabei besonders hart treffen. Wer angesichts von Lockdown und unterbrochenen Lieferketten dachte, schlimmer könnte es für die deutsche Wirtschaft eigentlich nicht kommen, wird nun eines Besseren belehrt. Es geht noch schlimmer. Viel schlimmer. 

Was sich gerade ereignet, hat das Potential, die deutsche Wirtschaft nachhaltig zu schädigen, denn die Schläge kommen aus ganz unterschiedlichen Richtungen und sie treffen auf eine Wirtschaft, welche die vorausgegangenen Schocks noch nicht vollständig verkraftet hat.

Zunächst einmal sind da die Sanktionen. Angedacht waren sie, um Russland zu ruinieren. Sie wurden unmittelbar nach Beginn von Russlands militärischer Spezialoperation in der Ukraine verhängt, was dafür spricht, dass sie längst vorbereitet in einer Schublade lagen. Auswirkungen haben die Sanktionen aber vor allem in der EU und in den USA. Die Gegenmaßnahmen, die Russland ergriffen hat, sind klug durchdacht. Die russische Wirtschaft ist mit etwas über zwei Prozent wesentlich weniger stark eingebrochen als erwartet und ist seit dem dritten Quartal 2022 wieder auf Wachstumskurs. 

Von einem Einbruch im zweistelligen Bereich, wie ihn etwa der deutsche Wirtschaftsminister Habeck noch im Herbst für möglich gehalten hat, ist das weit entfernt. Weit von der russischen Realität entfernt blieben auch all die Szenarien, die man sich im Westen hämisch ausgemalt hat. Die Menschen würden angesichts einer abstürzenden russischen Wirtschaft und der damit verbundenen rapiden Verschlechterung der Lebensverhältnisse auf die Straße gehen. Sie würden sich gegen die Regierung auflehnen und eine Beendigung des Krieges fordern. Eventuell käme es sogar zum Umsturz.

Inzwischen ist es so, dass die Menschen in Deutschland, in Frankreich, in Italien und in Belgien auf die Straße gehen und eine fundamentale Änderung der Politik angesichts steigender Inflation und sinkender Lebensstandards fordern. Verbunden sind die Proteste häufig mit der Forderung, endlich auf ein Ende des Ukraine-Kriegs hinzuarbeiten. Irgendwas ist nicht so gelaufen, wie es sollte, und läuft weiterhin nicht so wie gewünscht. 

Für Deutschland kam es dann allerdings noch ein bisschen deftiger, denn eins der wichtigsten Infrastrukturprojekte Deutschlands wurde gesprengt. Seymour Hersh, investigativer Journalist und Pulitzer-Preisträger behauptet, US-Präsident Biden hätte den Anschlag persönlich angeordnet. Hersh stützt sich dabei auf eine ihm vertraute Quelle, von der er versichert, sie hätte unmittelbaren Zugang gehabt. Sollte sich das bewahrheiten, würde das bedeuten, Deutschland wäre von seinem wichtigsten Verbündeten angegriffen worden. 

Statt die Hinweise aufzunehmen und ihnen nachzugehen, macht der deutsche Journalismus genau das Gegenteil. Er versucht, die Geschichte von Hersh zu widerlegen und diffamiert Hersh persönlich. Dabei präsentiert er eine wenig plausible Geschichte von einer Segeljacht, die mit Sprengstoff und ein paar Taucherausrüstungen beladen ungestört durch die Ostsee schippert und hobbymäßig das bewerkstelligt, wozu aufgrund des technischen Aufwands laut Experten nur Staaten in der Lage sind: Eine "proukrainische Gruppe" sprengt Nord Stream und schippert unerkannt wieder zurück. Nun gut, im deutschen Qualitätsjournalismus ist wieder mal Märchenstunde. 

Für die Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft ist die Urheberschaft ohnehin eine zweitrangige Frage. Das deutsche Wirtschaftsmodell, aufgrund dessen es regelmäßig "Exportweltmeister" wurde, basierte neben Lohndumping vor allem auf der Verfügbarkeit günstiger russischer Energie. Diese Zeit ist vorbei. Man verzichtet auf russisches Rohöl und die Produkte daraus, mit der Sprengung von Nord Stream zwangsläufig auch auf russisches Gas. Das verteuert deutsche Produkte ‒ ein Wettbewerbsnachteil. 

Ein Teil der Produktion wird stillgelegt. Sie ist nicht mehr lohnend. Ein Teil wandert ins Ausland ab. Viele große Firmen fühlen sich von den USA umworben und verlagern Standorte dorthin. Die USA locken mit massiven Subventionen und niedrigen Kosten für Energie. Dass die USA mit der Sprengung von Nord Stream einen Konkurrenten ausgeschaltet haben könnten, darf man in Deutschland auf keinen Fall sagen, denn damit würde man ein Kreml-Narrativ bedienen.

Jetzt taucht am Horizont noch eine Bankenkrise auf, die zusätzlich schwere Auswirkungen auf die Wirtschaft haben wird. Man fühlt sich an das Jahr 2007 erinnert, den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers, dem schwere Jahre folgten, die die EU an den Rand des Zusammenbruchs brachten. Jetzt ist es wieder soweit: Die Banken fallen reihenweise.

Der Bundeskanzler hat den Deutschen zwar versichert, dass das Risiko eines Übergreifens der Bankenkrise von den USA auf Europa gering sei. "Es gibt keinen Grund zur Sorge", sagte der Kanzler, aber keine 24 Stunden später strauchelt mit der Credit Suisse eine europäische Großbank. 

Der zentrale Grund für die Bankenkrise liegt in der massiven Erhöhung der Leitzinsen durch die US-Zentralbank Fed. Die europäische Zentralbank EZB tat genau das Gleiche, weshalb es erstaunlich wäre, sollte dies andere Auswirkungen auf den Bankensektor haben. Die Zentralbanken erhöhen die Zinsen, um die Inflation zu bekämpfen, die ‒ wieder so ein russisches Narrativ ‒ durch die Sanktionen in die Höhe schoss. 

All das trifft auf eine deutsche Wirtschaft, die die vorausgegangene Krise durch die Pandemie kaum überwunden hat und die sich durch ganz viele wirtschaftspolitische Fehlentscheidungen in einem langen Abschwung befindet. 

Irgendwas ist irgendwie ganz gründlich schiefgelaufen. 

Man hat es sich einfach vorgestellt. Mit umfangreichen Sanktionen ruiniert man die im Verhältnis zur EU kleine russische Wirtschaft ‒ Tankstelle mit Atomraketen, machte man sich über Russland lustig. Jetzt wird mit jedem Tag, mit jeder Stunde immer deutlicher, dass sich der Westen und allen voran Deutschland gründlich verrechnet hat. Jetzt liegt man selbst dort, wo man Russland gern liegen sehen würde: am Boden.  

Russland ist dank Sanktionen übrigens vor den Auswirkungen der Finanzkrise relativ gut geschützt. Die Abkopplung von SWIFT hatte bekanntlich das Ziel, Russland zu ruinieren. Das ist jetzt allerdings das Schicksal, das Deutschland bevorsteht. 

Mehr zum Thema – Was die zehn EU-Sanktionspakete gegen Russland umfassen – eine Übersicht

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.