Meinung

Wie Angela Merkel Deutschland den USA unterwarf

Von Adenauer bis Merkel wurde die Bundesrepublik Deutschland den Interessen der USA unterworfen. Zur Erhaltung von Frieden, Freiheit und Wohlstand ist es jedoch nötig geworden, Europa von der Übermacht der USA zu befreien.
Wie Angela Merkel Deutschland den USA unterwarf© SAUL LOEB

Von Werner Rügemer

Nach Konrad Adenauer, dem Gründungskanzler des von den USA erzwungenen Teilstaats namens Bundesrepublik Deutschland, und dem Kanzler der Wiedervereinigung, Helmut Kohl, wurde am 17. April 2023 Angela Merkel mit der höchsten Auszeichnung des deutschen Staates ausgezeichnet: mit dem Bundesverdienstkreuz. Auf diese Weise wurden bisher ausschließlich Kanzler der Christlich Demokratischen Union (CDU) geehrt. Sozialdemokratische Kanzler, wie Willy Brandt oder Helmut Schmidt, galten als Andersdenkende und durften daher nicht geehrt werden.

Merkels Beitrag zum nationalen Interesse der USA

Eine noch wichtigere Auszeichnung erhielt die von 2005 bis 2021 amtierende Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende bereits einige Jahre zuvor: Im Jahr 2011 verlieh ihr US-Präsident Barack Obama, im Rosengarten des Weißen Hauses, die Presidential Medal of Freedom (Präsidiale Medaille der Freiheit). Diese US-amerikanische Auszeichnung wird Männern – und gelegentlich auch Frauen – für ihren Beitrag "zur Sicherheit und zu den nationalen Interessen der Vereinigten Staaten" verliehen. Mit anderen Worten, Merkel erhielt diese Auszeichnung nicht für ihren Beitrag zur Sicherheit und zur Wahrung der nationalen Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder Europas.

Merkel hatte sich unter anderem dadurch hervorgetan, dass sie sich 2002 unter Präsident George W. Bush bedingungslos und leidenschaftlich für den Krieg der USA gegen den Irak einsetzte. Der damalige sozialdemokratische Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Außenminister Joseph Fischer (Bündnis90/Grüne) wollten jedoch der Behauptung der USA keinen Glauben schenken, dass der Irak unter Präsident Saddam Hussein über Massenvernichtungswaffen verfügt und bereit sei, diese auch gegen Israel einzusetzen. Bundeskanzler Schröder weigerte sich in der Folge, im Namen Deutschlands an diesem Krieg teilzunehmen.

Mit Jesus für den Krieg der USA im Irak

Am 13. September 2002 wetterte Angela Merkel, damals CDU-Fraktionsvorsitzende, im Plenum des Bundestages in Richtung Schröder: "Sie haben das internationale Vertrauen in Deutschland zerstört. Sie spielen mit den Ängsten und Gefühlen der Menschen. Dieser Alleingang schadet Deutschland als Exportnation. Deutschland als größtes Land Europas trägt eine Verantwortung." Den Lügner Bush hingegen lobte Merkel, mit Verweis auf die Bergpredigt von Jesus, als den wahren "Friedensstifter", so abstrus das rückblickend auch klingen mag, während die von der Hochfinanz geförderten Parteien CDU und FDP frenetisch applaudierten.

Im November 2005 wurde Angela Merkel zur Bundeskanzlerin gewählt und bereits am 13. Januar 2006 erwies sie Bush in Washington ihre Aufwartung und sagte ihm ihre Unterstützung für den Krieg im Irak zu. Dass dieser Krieg auf Basis von Lügen gerechtfertigt wurde, war dem "christlichen Bergprediger" egal, ebenso wie die Verwüstungen, die menschlichen Opfer und die gescheiterten Staaten wie Afghanistan.

Schäuble und Kohl müssen gehen!

Der damalige führende Berater des Präsidenten der USA, Zbigniew Brzeziński, hatte die neue Phase der globalen US-Strategie im Jahr 1997, nach dem Niedergang des Sozialismus im Osten Europas, öffentlich eingeläutet: 

"Eurasien ist der größte Kontinent der Erde und eine geopolitische Achse. Sie erstreckt sich von Lissabon bis Wladiwostok. Europa ist vor allem Amerikas unverzichtbarer geopolitischer Brückenkopf auf dem eurasischen Kontinent. Deshalb wird mit jeder Erweiterung des Einflussbereichs Europas auch der direkte Einflussbereich der Vereinigten Staaten erweitert. Und für die Vorherrschaft über Eurasien, von Lissabon bis Wladiwostok, ist die Ukraine der Schlüsselstaat."

Allerdings, so Brzeziński, schwäche sich Europa selbst durch seine ausufernde Sozialpolitik und sein äußerst belastendes Sozialsystem, wodurch seine Wirtschaftskraft geschwächt werde. Sich selbst überlassen, würden die Europäer Gefahr laufen, völlig von ihren sozialen Problemen absorbiert zu werden. "Die USA müssen hier gegensteuern", kam Brzeziński damals zum Schluss. Und vor allem müsste sich laut ihm noch etwas ändern: "Mit dem aktuellen CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble und dem CDU-Kanzler Helmut Kohl ist Deutschland ein geopolitisches Niemandsland." Mit diesen beiden Politikern sei Deutschland nicht mehr das westliche Bollwerk gegen Russland, sondern eine mitteleuropäische Ordnungsmacht, die sich gleichermaßen mit dem Osten und dem Westen verbündet hat. Dadurch werde Europa seine Funktion als eurasischer Brückenkopf verlieren, für die US-amerikanische Machtprojektion und ihre Expansion auf dem eurasischen Kontinent. Brzeziński kam daher zu dem Schluss, dass ein massiver Impuls vonseiten der USA erforderlich sei.

Irgendwie kam dieser Impuls von mehreren bekannten und unbekannten Akteuren. So gab etwa "die Zeitung für Deutschland", die FAZ, das linientreuste Sprachrohr der USA aus Frankfurt, der aufstrebenden Angela Merkel, die gerade für ihre FDJ-Jugendsünden Abbitte geleistet hatte, einen prominenten publizistischen Raum, um den bestechlichen Kohl zu attackieren, wobei im Vorbeigehen auch der bestechliche Schäuble mit in den Dreck gezogen wurde. Ansonsten hat es die FAZ mit der Dauerkorruption in der CDU nicht so ernst genommen. Aber jetzt war es halt opportun. Merkel wurde in der Folge Vorsitzende der CDU, anschließend Fraktionsvorsitzende der CDU, dann schlussendlich CDU-Kanzlerin.

Morde durch Drohnen, die aus Deutschland gesteuert werden

Seit Anfang der 2000er Jahre haben die USA ihre militärischen Aktivitäten in Afrika unter dem Vorwand der Bekämpfung des Terrorismus zunehmend intensiviert. Sie errichteten einige Dutzend formelle und informelle Militärstützpunkte auf diesem Kontinent. Dazu gehörte auch die militärische Logistik, beispielsweise im Rahmen des Kriegs gegen den Irak. Zu diesem Zweck wollten die USA eine Oberkommandozentrale in Afrika errichten, ein Vorhaben, das vom damaligen US-Präsidenten Bush forciert wurde. Doch alle 56 afrikanischen Staaten lehnten dies ab. Washington suchte in der Folge nach einer gleichwertigen Alternative: Welches NATO-Mitglied könnte diese Kommandozentrale beherbergen? Alle angefragten, zur Auswahl stehenden Regierungen lehnten ab. Alle – bis auf eine.

Im Interesse der nationalen Sicherheit der USA eilte die Bush-Anhängerin Angela Merkel Washington zu Hilfe. Im Jahr 2008 wurde in Deutschland, in Stuttgart-Möhringen, das United States Africa Command (AFRICOM) etabliert, an dem auch weitere US-Militärstützpunkte in Italien und Deutschland angeschlossen sind.

Der Standort in Stuttgart galt zunächst als provisorisch, während sich der afrikanische Staat Liberia als Standort anbot. Aber für Big Brother USA war dieses Land zu klein und zu unsicher. Im Jahr 2013 entschied der Nachfolger von George W. Bush, der stets freundlich grinsende Barack Obama, der kurz zuvor Merkel mit der "Medal of Freedom" geehrt hatte, dass AFRICOM in Stuttgart bleibt. Somit töten seither US-Drohnen, von Deutschland aus gesteuert, Menschen auf anderen Kontinenten. Von Stuttgart-Möhringen aus wurde die Zerstörung von Libyen und die Ermordung von Muammar al-Gaddafi koordiniert, wodurch dieses Land in einen gescheiterten und gefährlichen Staat verwandelt wurde.

Der Lobbyist von BlackRock im Kanzleramt

Von 2011 bis zum Ende von Merkels Kanzlerschaft war Lars-Hendrik Röller ihr oberster Wirtschafts- und Finanzberater. Sie holte den Sohn des ehemaligen Chefs der Dresdner Bank als Leiter der Wirtschafts- und Finanzabteilung ins Kanzleramt.

Unter Schröder und seinem Programm zur "Entflechtung der Deutschland AG" waren ab etwa dem Jahr 2000 US-amerikanische außerbörsliche Investoren in Deutschland aktiv geworden, um die besten, nicht börsennotierten deutschen Mittelständler aufzukaufen. Zu den bekannteren Unternehmen zählten Siemens Nixdorf, Demag (industrielle Kranaufbauten) und Grohe (Armaturen für Badezimmer und Nasszellen). Reihenweise kauften diese "Heuschrecken" auch Hunderttausende Quadratmeter an Wohnraum zu Schleuderpreisen auf.

Diese "Heuschrecken" tauchten bereits unter Schröder auf, aber unter Merkel und Röller gaben sich dann die Vertreter der ersten Liga unter den US-Investoren die Klinke in die Hand. BlackRock, Vanguard, State Street und weitere Verwalter des Großkapitals wurden zu den führenden Aktionären bei jenen Unternehmen, die beim DAX und MDAX notiert waren, darunter auch beim größten deutschen Rüstungskonzern Rheinmetall. BlackRock und seine Branchenkollegen sind inzwischen auch Hauptaktionäre der größten deutschen Wohnkonzerne: Vonovia, Deutsche Wohnen, LEG und so weiter, was die Mieten und Nebenkosten in die Höhe getrieben hat. Hatte nicht bereits Brzeziński proklamiert, dass "zu viel Sozialstaat" eine "europäische Krankheit" sei?

Die auch in Krisenzeiten – wie während der Corona-Pandemie – erwirtschafteten hohen Gewinne der wichtigsten Unternehmen in Deutschland fließen seitdem ins Ausland, insbesondere in die USA. Mit dem Ende von Merkels Kanzlerschaft verließ auch ihr Berater Lars-Hendrik Röller das Kanzleramt. Und wohin zog er weiter? Natürlich zu BlackRock. Und von dort aus berät er selbstverständlich jetzt auch die CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, ihres Zeichens EU-Kommissionspräsidentin.

Frauen in Merkels Deutschland: Arbeits- und Rentnerarmut

Bundespräsident Steinmeier lobte bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes: Angela Merkel habe "Frauenpower" zur Selbstverständlichkeit gemacht. Doch was hat Merkel, als starke Frau mit ihrer "Frauenpower", tatsächlich erreicht? Sie hat die Mehrheit der Frauen in Deutschland ärmer gemacht. Sie hat die durch die vier Hartz-Gesetze legalisierte Ungerechtigkeit verschärft. Sie hat Schröders "größten Niedriglohnsektor Europas" noch größer gemacht. Und dies kam der Kritik von Brzeziński am geostrategisch lähmenden, überdimensionierten Sozialstaat entgegen.

Minijobs, unfreiwillige und erzwungene Teilzeit- und Leiharbeit wurden zunehmend auf Frauen abgewälzt. Dadurch wurden und werden bis heute ihre misslichen Lagen als Mütter und Alleinerziehende ausgenutzt. Unter Merkel wurde ein gesetzlicher Mindestlohn, entgegen den Vorschlägen der Gewerkschaften und der Linken, so lange wie möglich hinausgezögert und erst 2015 eingeführt. Dieser Mindestlohn wird jedoch aufgrund mangelnder Kontrollen in millionenfachen Fällen gar nicht ausgezahlt. Davon sind insbesondere Frauen betroffen, was sich dann in der Rente fortsetzt. Das ist das Deutschland von Angela Merkel: Prekariat und anschließende Armut im Rentenalter für die Mehrheit der Frauen, mehr als je zuvor.

Frauenförderung nur für Führungspositionen

Dies galt jedoch nicht für Frauen in Führungspositionen. Merkel hat sich stets für diese starkgemacht. Gern schob sie ihre vom Patriarchat geförderten Milliardärinnen vor, wie zum Beispiel Friede Springer vom gleichnamigen deutschen Medienkonzern Springer oder Liz Mohn vom größten europäischen Medienkonzern Bertelsmann. Auch beim Women20-Gipfel in Berlin setzte sie sich gemeinsam mit Christine Lagarde, der Präsidentin der Europäischen Zentralbank, und Ivanka Trump, der Tochter des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, für den Aufstieg von Frauen als Unternehmerinnen ein. Nur zu gern ließ sich die Kanzlerin von der medienwirksamen deutschen Feministin Alice Schwarzer als eine vorbildliche "weibliche Macht" bejubeln, die in Deutschland nun endlich am Ruder ist.

Unter Merkel wurden zwei Gesetze zur Förderung von Frauen im Berufsleben verabschiedet. Das betrifft aber nur Frauen in Führungspositionen. Seit 2016 gilt das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern im Management. Damit soll sichergestellt werden, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten mindestens 30 Prozent beträgt. Allerdings gilt das Gesetz nur für 105 Großunternehmen. Mit anderen Worten: Für 99,99 Prozent aller Unternehmen gilt dieses Gesetz nicht.

Im Jahr 2021 wurde das zweite Gesetz im Zusammenhang mit Führungspositionen verabschiedet. Auch in den Vorständen von börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen mit mehr als 2.000 Arbeitnehmern soll in einem dreiköpfigen Vorstand mindestens eine Frau vertreten sein. Darüber hinaus dürfen solche Frauen nach der Geburt eines Kindes eine Babypause einlegen. Allerdings gilt dieses Gesetz nur für 66 Unternehmen.

EU-weite Arbeitsmigration

Wenn es um den Abbau des Sozialstaats und die Steigerung privater Profite ging, untergrub die glühende Vorzeige-Europäerin Merkel auch die Vorgaben der EU unter Zuhilfenahme von sanftem Druck aus dem Bundesverband der Deutschen Industrie, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und ihrem CDU-Wirtschaftsrat.

Die EU schreibt zum Beispiel vor, dass Leiharbeiter denselben Lohn erhalten sollen wie Festangestellte. Stichwort: Lohngleichheit. Doch die Merkel-Gang entschied, dass die Lohngleichheit durch einen Tarifvertrag mit einer Gewerkschaft ausgehebelt werden kann. Und auch, dass in den ersten neun Monaten einer Beschäftigung die Lohngleichheit nicht greift. Frauen und insbesondere Migrantinnen müssen das unfreiwillig in Kauf nehmen. Merkels Deutschland steht an der Spitze der Ungerechtigkeit in der EU, wenn es um die unfairen und geringeren Löhne von Frauen geht.

Unter Merkel wurde die Ausbeutung von Wanderarbeitern aus Osteuropa ausgeweitet und verschärft. Dadurch wurde der Fleischkonzern Tönnies zum größten Fleischverarbeiter Europas. Fleischkonzerne aus Dänemark und den Niederlanden gründeten Niederlassungen im Merkel-Deutschland. Für Arbeit auf der Baustelle, für die Spargelernte, häusliche Pflege, LKW-Transporte und Sicherheitsdienstleistungen pendelten Millionen von Billiglohnarbeitern aus verarmten osteuropäischen EU-Staaten nach Deutschland, legal oder illegal, auch aus den Nicht-EU-Staaten Georgien und Ukraine. Bis heute.

Deutschland: "Das Bordell Europas"

Im Jahr 2002 hatte die Regierung Schröder/Fischer mit dem Prostitutionsgesetz Sexarbeit als reguläre Erwerbstätigkeit anerkannt und liberalisiert. Doch der Großteil der Sexarbeiterinnen blieb in der Illegalität. Daraus entstand Menschenhandel in mafiaähnlichen Strukturen, Zwangsprostitution für meist arme jungen Frauen aus den wirtschaftsschwachen neuen EU-Staaten wie Rumänien, Bulgarien und auch von außerhalb, etwa aus dem Kosovo und der Ukraine, und seit 2015 zunehmend auch für weibliche Flüchtlinge. Deutschland entwickelte sich innerhalb der EU zu einem zentralen Standort der Billig-Prostitution.

Im Jahr 2017 wurde unter Merkel schließlich das Gesetz zum Schutz von Prostituierten verabschiedet. Bordelle mussten eine Zulassung neu beantragen, während sich Prostituierte amtlich zu registrieren hatten. Doch diese Maßnahmen blieben praktisch ohne Wirkung. Im Jahr vor der Pandemie ließen sich in Deutschland 40.000 Prostituierte registrieren. Doch in der illegalen und dunklen Welt von Merkels Deutschland gingen mindestens eine halbe Million Frauen weiterhin illegal der Prostitution nach. Und selbstverständlich erhielten dann auch Bordell- und andere Prostitutionsbetreiber Corona-Hilfen – weil systemrelevant.

Das vielfach populistische "Uns allen in Deutschland geht es gut"

Merkel hat all das und jeden weiteren Schaden für die Sicherheit, Souveränität, Freiheit, für den Wohlstand Deutschlands und insbesondere die arbeitende Bevölkerung keineswegs beabsichtigt. Beabsichtigt und gedrängt dazu wurde sie von anderen: von der US-Regierung, der NATO, der stetig wachsenden Zahl meist US-amerikanischer Regierungsberater, wie McKinsey, Accenture, Freshfields, PricewaterhouseCoopers, Scholz & Friends und viele mehr, von den führenden US-Aktionären der großen Konzerne und nicht zuletzt von den US-Geheimdiensten, von denen sich die Kanzlerin selbst und ihre Kabinettskollegen auch widerstandslos abhören ließen.

Merkel gab sich zudem als Umweltkanzlerin. Nach der Katastrophe in Fukushima setzte sie die Abschaltung von Atomkraftwerken in Deutschland durch – die dafür benötigte Ersatzenergie wurde jedoch nie bereitgestellt. In der Europäischen Union konnte sie hohe Schadstoffemissionen als zulässig durchboxen, im Namen der Hersteller von Luxus-Geländewagen.

Ein ähnliches Bild zeigte sich mit den Flüchtlingsströmen aus Afghanistan, dem Irak und Syrien, die durch die US-Kriege in diesen Ländern entstanden sind. Merkel agierte als Weltverbesserer und ließ die Flüchtlingsströme, nach einem Telefonat mit ihrem guten Freund Obama, nach Deutschland umleiten – doch die notwendigen und dauerhaften Vorkehrungen, um diese Flut an Menschen zu bewältigen, wurden nicht getroffen. Somit durften die einen Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken, während andere in Deutschland einzogen und voll versorgt wurden.

Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes lobte Bundespräsident Steinmeier die ehemalige Bundeskanzlerin, indem er betonte, dass Merkel ohne jegliche Ziehväter und politische Netzwerke aufgestiegen sei. Diese Bemerkung klang zwar beeindruckend, aber natürlich war das Gegenteil der Fall.

Merkels Aufgabe bestand darin, als starke Frau und allein mithilfe der endlos abgedrehten Gebetsmühle "Uns allen in Deutschland geht es gut" die von anderen Akteuren in der CDU und der Regierungspolitik vorbereiteten Entscheidungen umzusetzen. Das war und ist den Kapitalisten viel zuträglicher als die Direktheit von Merkels Rivalen Friedrich Merz, mit seinem damaligen Motto "Mehr Kapitalismus wagen". Merz wurde schließlich zu einem direkt von BlackRock bezahlten Lobbyisten. Doch Merkels Hauptgeschäftsführer war das Kanzleramt selbst, das unter Merkel personell immer weiter ausgebaut wurde. Still und für die Öffentlichkeit unsichtbar ließ sie Vertreter von BlackRock über das Kanzleramt in Deutschland einsickern. Zu Merkels unsichtbarem Netzwerk gehörten zudem auch Berater der US-Regierung. Diese arbeiteten im Auftrag von Obama an der Frage: Wie kann man eine möglicherweise besorgte Wählerschaft unmerklich ruhig halten?

Nudging – zu Deutsch: Anschubsen – hieß die Methode, also jemanden auf mehr oder weniger subtile Weise dazu zu bringen, etwas Bestimmtes einmalig oder dauerhaft zu tun oder zu lassen, eine Methode, die insbesondere von Cass R. Sunstein zur Reife gebracht wurde, der unter Barack Obama als Administrator des Amtes für Information und Regulierungsangelegenheiten gedient hatte: nie die Wahrheit sagen, die Kapitalisten nie beim Namen nennen, immerzu nett und allgemein bleiben, dem heimlich geschröpften Wahlvieh ab und zu einen sanften Schubs geben und dabei stets lächeln.

Als Frau, die ihre im christlichen Patriarchat wohlgeformten Charakterzüge locker einsetzen konnte, war Merkel in der Lage, durch Nudging ihre "Frauenpower" noch effizienter einzusetzen. Diese Power konnte sie im Berliner Politzirkus virtuos ausspielen, etwa gegen ihren korrupten Vorgängerpatriarchen Helmut Kohl. Damit diente sie dem modernen Patriarchat von Bush, Obama und dem BlackRock-CEO Laurence Fink und seinen Kumpanen.

Feministische Außenpolitik

Merkel hat feministische Innenpolitik nicht nur mit der systemischen Verarmung der Mehrheit der Frauen und Rentner praktiziert. Merkel praktizierte auch weit früher eine feministische Außenpolitik, als die jetzige deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sie angeblich betreiben soll. Und eine solche Außenpolitik ist bekanntermaßen weltweit organisch vereinbar mit der Förderung rechter Kräfte sowie von Patriarchen und Oligarchen.

Das liegt nicht nur daran, dass Merkel, fast 20 Jahre vor Baerbock, das freundliche Förderstipendium des Weltwirtschaftsforums erhielt. Die Ideologen von Davos haben mit den Jahren eine gute Nase dafür entwickelt, wer für und mit ihnen zusammenarbeiten könnte. Merkel wurde regierungsfähig dank junger "weiblicher Power", die dem von den USA geführten Kapitalismus diente, sowohl in globalen als auch militärischen Dimensionen. In welchem EU-Staat war oder ist das Verteidigungsministerium nicht von einer Frau besetzt? Welche Chefin der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission ist noch nicht Teil der von Steinmeier so gepriesenen "Frauenpower"?

Osterweiterung über die EU und die NATO hinaus

Merkel, als "mächtigste Frau Europas", die Lob vor allem aus den USA erfuhr, förderte die gleichzeitige Osterweiterung der EU und der NATO. Es wurden rechte, sogar ultrarechte, nationalistische und fundamentalistische Regierungen gefördert, wie in den baltischen Staaten, in Ungarn, in Polen und in Kroatien. Sie waren für westliche Konzerne ebenso aufgeschlossen wie für antirussischen Hass und Hetze. Sie stellten die Mehrheit der Mitglieder in der von Merkel und der CDU geführten Europäischen Volkspartei, zu denen auch der italienische Rechtspopulist Berlusconi gehörte.

Somit initiierte Merkel ab 2009 – in Absprache mit dem damaligen US-Präsidenten Obama und der EU-Kommission – die "östliche Partnerschaft". Daran beteiligten sich sechs Staaten, die früher zur Sowjetunion gehörten und für antirussische Strategien besonders geeignet schienen. Sie waren und sind bis heute noch keine Mitglieder der EU und der NATO. Doch sie wurden und sollten nun mit sanftem "Nudging" an beide Organisationen herangeführt werden, behutsam, aber zugleich bereits für westliche Konzerne planiert und möglichst für gemeinsame Manöver mit der NATO gerüstet.

Zu diesen Staaten gehören (neben Armenien, Aserbaidschan und Weißrussland) Moldawien, Georgien und nicht zuletzt die Ukraine. Die vom Merkel-Staat hoch subventionierte Konrad-Adenauer-Stiftung engagiert sich bekanntlich spätestens seit dem Maidan-Putsch von 2014 stark in der Ukraine, wenn auch in einer untergeordneten Rolle. Merkels letzter wichtiger Dienst für die "nationalen Interessen der USA" war bekanntlich das Minsker Abkommen, mit ihr als führende Figur in dieser, wie sich nachträglich offenbarte, Schmierenkomödie, die nur dazu diente, in der Ukraine die größte Armee Europas aufzurüsten.

Von Adenauer bis Merkel

Adenauer sicherte den eigenständigen Staat BRD als neue US-Bastion in Europa gegen Russland ab, mit seinem vom NS-Regime geerbten antirussischen und antikommunistischen Potenzial. Mithilfe von Beratern aus den USA und der Treuhandanstalt sicherte Kohl die Übernahme der ehemaligen DDR durch die BRD ab, wohingegen Merkel die erweiterte globale Strategie der USA absicherte, insbesondere jene gegen Russland. Die von Adenauer akzeptierte und von Obama erneuerte Doktrin des nuklearen Erstschlags durch die USA macht einen Atomkrieg möglich – in Europa. Die USA verbreiteten nach dem Zweiten Weltkrieg das Narrativ, sie hätten Europa vom Faschismus befreit. Doch für den Erhalt von Frieden, Freiheit und Wohlstand bedarf es spätestens jetzt einer entschiedenen Maßnahme: der Befreiung Europas von den USA.

Dieser Text erschien in englischer Sprache bei Strategic Culture Foundation.

Der Publizist Dr. Werner Rügemer recherchiert seit Jahren zu den großen Kapitalorganisatoren wie BlackRock und Co. Sein Buch "BlackRock & Co. enteignen! Auf den Spuren einer unbekannten Weltmacht" erschien 2021 beim Nomen Verlag. 

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